Das Gotteshaus als Konzertsaal und Treff

MOZ, 14.05., Fotos Cornelia Mikat, Text Janette Bederke, dpa

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Vorbereitung für den Filmabend: Dazu gehört auch in der Kirche Dolgelin natürlich Popcorn. Verena Dahrmann sorgt an der Popcornmaschine dafür.

In der Dorfkirche finden nicht nur Gottesdienste, Schulungen, Konzerte und Lesungen statt, sondern auch Kinoabende.  Die Filmanlage konnte der Förderverein „Dolgeliner Dorfkirche e.V.“ mit Fördermitteln anschaffen. Was dort läuft, steht auf Seite 15.

Seite 15: Auszeichnung

Mit ihrem Dorfkino in der Kirche haben sich die Einwohner von Dolgelin den Nachbarschaftspreis geholt. Gerade erst war wieder Filmabend.

Klassiker mit Wolfgang Stumpf: Laden herzlich nach Dolgelin zum Kinoabend mit dem Kultfilm „Go Trabi go“ ein ‒ Michael Pfeiffer (von rechts), Christina Helbig und Günter Moritz. 
Langsam füllt sich die Kinokirche: Conrad Gramm und Charlotte Schilling gehören zu den begeisterten Kinobesuchern, die bei Christina Helbig Eintrittskarte lösten.
Kultureller Treffpunkt – die Dorfkirche von Dolgelin: Nicht nur Gottesdienste, Schulungen, Konzerte und Lesungen finden hier statt, sondern auch Kinoabende. 

Filmstart: Am 8. Mai begeisterte der amerikanische Action-Thriller „Mein Name ist Nobody“ das Filmpublikum in der Dolgeliner Kirche: Große Beliebtheit erfreuen sich aber auch Kultfilme aus der DDR Zeit.
 

Rings um die Dorfkirche in Dolgelin herrscht vor Kino-Abenden stets geschäftiges Treiben: Etwa 30 Anwohner harken, beschneiden Äste, verbrennen altes Reisig, laden die Hinterlassenschaften des Winters auf einen kleinen Traktor. Auch im Inneren der Kirche wird geputzt. Spätestens beim Betreten bemerkt der Besucher, dass der Feldsteinbau für die Dolgeliner der Dorfmittelpunkt ist. Der erste Blick fällt auf Stuhlreihen, die eher an einen Veranstaltungssaal erinnern. Darüber hängen Scheinwerfer und Beamer. Per Knopfdruck entrollt sich eine riesige Leinwand.

Vorbild für die ganze Region

„Das ist unser Dorfkino – mit modernster Technik“, sagt Michael Pfeifer stolz, während er probehalber einen Film startet. Dann zeigt der Mitbegründer des Fördervereins Dolgeliner Dorfkirche auf eine kleine Bar in der linken Ecke. „Zu den Vorstellungen gibt es selbstverständlich Getränke und natürlich Popcorn, wie es sich im Kino gehört.“ Mit ihrer originellen Idee sind die 420 Dörfler Träger des Deutschen Nachbarschaftspreises 2023 der Stiftung nebenan.de in der Kategorie Kultur & Sport. Das Projekt bringe Kultur aufs Land und zeige eindrucksvoll, wie eine Gemeinde mit nur 450 Einwohnern zum Vorbild für die ganze Region werden könne, urteilte die Jury. „Die Engagierten haben aus einer Ruine einen kulturellen Begegnungsort geschaffen, der die ganze Nachbarschaft zusammenbringt.“ Nicht nur Kino wird in der Kirche veranstaltet, sagt Vereinsvorsitzende Heike Schulze. „Wir hatten hier schon Lesungen, Konzerte, Schulungen und auch Gottesdienste.“ Inzwischen müssten sie nicht mehr nach Künstlern suchen, sondern die würden sich in Dolgelin melden. Zudem ist der Sakralbau Außenstelle des Standesamtes Seelow. Mehr als zwanzig Jahre sei es her, dass sich etwa 20 Dolgeliner zusammentaten, um die seit Jahrzehnten leer stehende Kirchenruine wieder nutzbar zu machen. Im Gegensatz zu anderen Gotteshäusern im Oderbruch hatte der um 1300 errichtete Feldsteinbau im Zweiten Weltkrieg kaum Schäden davongetragen. Zur Ruine wurde die Kirche erst nach 1945, als sie als Baumaterialspender für andere Gebäude im Dorf herhalten musste. Das Dach verschwand gänzlich und 1965 wurde der Kirchturm auf staatliche Anweisung hin gesprengt.

„Nach der Wende wollte der Denkmalschutz alles so lassen und die Ruine nur sichern, aber wir wollten die Kirche ja wieder nutzen und ohne Nutzung keine Fördergelder“, erinnert sich Pfeifer. Zunächst hätten sie gemeinsam den Westgiebel gesichert, später kam ein neues Dach darauf. Vor anderthalb Jahren kam dann die Kino-Idee. „Ursprünglich suchten wir nur eine Tonanlage, weil die Akustik in Kirchenraum nicht so gut ist“, sagt der Dolgeliner. Die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) förderte die Kinotechnik zu 90 Prozent. „Wir haben Zugezogene im Verein, die sich mit Förderanträgen auskennen“, erzählt Pfeifer. Die 5000 Euro Nachbarschafts-Preisgeld sind schon wieder investiert – in einen Toilettencontainer, denn öffentliche Sanitäranlagen gibt es in der Kirche nicht. Die Veranstaltungssaison startete erst wieder Mitte April, natürlich mit dem Dorfkino alle zwei Wochen. Der Eintritt kostet sechs Euro, Kinder zahlen die Hälfte. „Nach dem Film sitzen die Besucher noch etwas zusammen, die Kirche ist eben auch so ein Treffpunkt im Ort“, sagt Versicherungsmakler Pfeiffer. Die Filme beziehen die Dolgeliner über den Filmklub Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern), der sich mit seinem Projekt „Dorfkino einfach machbar“ um Filmrechte und Lizenzen kümmert. „Was uns noch fehlt, ist eine Heizung für die Kirche, aber das schaffen wir auch noch“, gibt sich Vereinschefin Schulze kämpferisch. Viele Dolgeliner seien gleich in mehreren der sieben Dorfvereine Mitglied, dadurch laufe die Zusammenarbeit super, sagt die Mitinhaberin einer Biogasanlage. „Wenn was los ist, ziehen alle an einem Strang, denken für die Gemeinschaft“, betont sie und zeigt auf den neuen Boccia-Platz neben dem Gemeindehaus und den Dorfbackofen im Schatten der Kirche. Was sie selbst nicht in die Hand nähmen, passiere auch nicht, ergänzt Pfeifer. Die Partys für alle Helfer seien im Ort legendär. Dolgelin habe sogar eine eigene Zeitung, namens „DoDo“ betont Herausgeberin und Landwirtin Annegret Mietke. „Termine, Vereinsarbeit, Neues aus Schule und Kita – alles drin. Der Renner aber sind die Interviews mit Dolgelins ältesten Bewohnern.“ Seit Kurzem gibt es auch eine Dorffunk-App mit bisher 126 Nutzern.

Künftig soll die Kirche ohne Turm an den Wochenenden für Besucher offen stehen. „Es hat sich herumgesprochen, dass wir den Preis bekamen. Da wollen andere Kommunen wissen, wie wir das gemacht haben“, verrät die Vereinschefin, die anderen Mut machen will. „Ein tolles, bewundernswertes Engagement ist das in Dolgelin. Aber wir haben im Landkreis glücklicherweise viele kleine Orte mit ähnlich aktiven Bewohnern“, sagt Thomas Berendt, Sprecher der Kreisverwaltung und ehrenamtlicher Ortsvorsteher in Trebnitz. „Das ist ja das Salz in der Suppe des Dorflebens. Alles steht und fällt mit rührigen Akteuren.“ Die Dolgeliner haben schon den nächsten Wettbewerb im Visier – zunächst auf Kreisebene. Für die Bewerbung „Unser Dorf hat Zukunft“, gibt es schon ein Organisationsteam im Ort.

Programm in der Kirche

25. Mai, ab 20 Uhr: Konzert „Live in Reitwein“: Harlem Lake: Im Sommer 2023 lieferten die Gewinner der European Blues Challenge 2022 in der Feldsteinkirche Dolgelin ein grandioses Konzert ab, das für viele unserer Besucher ein Highlight war.  Sie klingen wie aus den Sümpfen Louisianas, sind aber aus dem holländischen Delta. Nun kommt Harlem Lake erneut  nach Dolgelin, aber diesmal sogar noch um zwei Musiker verstärkt. Das verspricht Americana, Blues, Soul und Southern Rock auf höchstem Niveau und dazu jede Menge Spielfreude. Zum Auftakt spielt die Franky Dickens Band mit Cool Blues Rock Performance aus Leipzig auf. Zuweilen ist aber auch ein wenig Voodoo im Spiel, besonders dann, wenn die Band ihrer Spielfreude freien Lauf lässt.

22. Juni, 20.30 Uhr: Konzert mit der Band Karussell

24. August: Konzert Gitarrenduo Friedrich& Wiesenhütter

6. Dezember: Dennenesh Zoude liest Weihnachtsgeschichten

7. und 8. Dezember: Dolgeliner Weihnachtsmarkt

Karten: 03346 848484